Anhaltend hohe Gewerbesteuereinnahmen in Sachsen-Anhalt im I. Quartal 2023

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Wir kommen auf einen Beitrag zurück, in welchem wir über die Gewerbesteuereinnahmen der sachsen-anhaltischen Städte und Gemeinden im Haushaltsjahr 2022 berichtet hatten. Erstmalig überschritten die Einnahmen aus der Gewerbesteuer in diesem Jahr mit 1,152 Mrd. Euro (brutto) die Milliardengrenze. Das waren 297 Mio. Euro mehr als im Jahr zuvor.

Dieser Trend scheint laut aktueller Pressemitteilung des Statistischen Landesamtes auch in 2023 anzuhalten. Die Gemeinden des Landes Sachsen-Anhalt verbuchten in den ersten 3 Monaten 2023 mit 302,3 Mio. Euro so viel Gewerbesteuer wie nie zuvor. Die Einzahlungen waren 42,8 Mio. Euro höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Das entsprach einer Steigerung um 16,5 %. Wie das Statistische Landesamt mitteilt, verteilte sich die Gewerbesteuer zu 1/4 auf die 3 kreisfreien Städte und zu 3/4 auf die 215 kreisangehörigen Gemeinden.

Mit Gewerbesteuereinzahlungen von 225,1 Mio. Euro nahmen die kreisangehörigen Gemeinden im I. Quartal des aktuellen Haushaltsjahres 31,6 Mio. Euro mehr als im I. Quartal 2022 ein. Das entsprach einer Steigerung um 16,3 %. Allerdings profitieren hiervon nicht alle Gemeinden gleichermaßen. Die Verteilung der Gewerbesteuer hängt von der Gewerbetätigkeit auf dem Gemeindegebiet ab und ist seit jeher sehr heterogen. In 44,2 % der kreisangehörigen Gemeinden fiel die Gewerbesteuer im I. Quartal 2023 geringer aus als im I. Quartal des Vorjahres. Allein die drei im I. Quartal steuerstärksten kreisangehörigen Städte verbuchten jeweils mehr als 10 Mio. Euro Gewerbesteuer, insgesamt ca. 44,6 Mio. Euro und damit nahezu 1/5 des Quartalaufkommens aller kreisangehörigen Gemeinden. Weitere 51 kreisangehörige Gemeinden nahmen zwischen 1 und 10 Mio. Euro ein. 3 Gemeinden leisteten höhere Erstattungen an die Gewerbebetriebe als sie Einzahlungen erhielten, sodass es im Ergebnis zu Auszahlungen (negatives Aufkommen) kam.

77,2 Mio. Euro Gewerbesteuer nahmen die kreisfreien Städte des Landes Sachsen-Anhalt im I. Quartal 2023 ein. Das waren 11,2 Mio. Euro mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum und entsprach einer Steigerung um 17,0 %. Die höchsten Einzahlungen meldete die Landeshauptstadt Magdeburg mit 37,7 Mio. Euro (+11,8 %), gefolgt von den kreisfreien Städten Halle (Saale) mit 28,7 Mio. Euro (+17,8 %) und Dessau-Roßlau mit 10,9 Mio. Euro (+36,9 %).

Weitere Informationen zum Thema Öffentliche Finanzen sind im Internetangebot des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt (https://statistik.sachsen-anhalt.de) zu finden und können dem demnächst erscheinenden Statistischen Bericht „Gemeindefinanzen, Einzahlungen und Auszahlungen; Kassenstatistik 01.01.2023 – 31.03.2023; Schuldenstatistik 31.03.2023“ entnommen werden.

Bewertung:

Die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen in Sachsen-Anhalt ist positiv zu bewerten und bestätigt die Erwartungen der zurückliegenden Steuerschätzung vom Mai 2023, nach der für die Gemeinden in Sachsen-Anhalt von einer positiven Schätzabweichung in 2023 von +141 Mio. Euro (+13,4 %) ausgegangen wird. Gegenüber den durch die Corona-Pandemie und die nachfolgende Energiekrise geprägten Erwartungen hat sich die Gewerbesteuer in vielen Gemeinden deutlich besser entwickelt. Bei einer Bewertung dieser positiven Entwicklung darf aber einerseits nicht unberücksichtigt bleiben, dass die durchschnittlichen Steuereinnahmen der ostdeutschen Gemeinden pro Kopf im bundesweiten Vergleich seit vielen Jahren bei ca. 60 v. H. des vergleichbaren Aufkommens westdeutscher Gemeinden stagnieren. Dies führt in den neuen Bundesländern zu einer stärkeren Abhängigkeit der ostdeutschen Gemeinden von Einnahmen des Landes aus dem jeweiligen kommunalen Finanzausgleich.

Andererseits partizipiert nahezu die Hälfte der sachsen-anhaltischen Städte und Gemeinden nicht an dieser Entwicklung. Die Ergebnisse des Statistischen Landesamtes zeigen wieder deutlich, dass die Gewerbesteuereinnahmen im Land sehr heterogen verteilt sind, sich die Situation in den Städten und Gemeinden damit sehr unterschiedlich präsentiert und bei weitem nicht alle an der landesweit positiven Entwicklung teilhaben. Die aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamts Sachsen-Anhalts zeigen weiter, dass die 10 aufkommensstärksten Gemeinden (4,6 v. H. der Gemeinden) knapp 2/5 (ca. 38 v. H.) des gesamten Gewerbesteueraufkommens im I. Quartal 2023 erzielten. Diese Daten untermauern die langjährige Forderung des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt, dass der Aspekt der heterogenen Verteilung der Gewerbesteuer beim Finanzausgleich in Sachsen-Anhalt stärker berücksichtigt werden muss, denn die vom Land bisher als Maßstab unterstellten durchschnittlichen Einnahmen entsprechen regelmäßig nicht der Realität.

Der ungleichen Aufkommensverteilung stehen Mehrausgaben gegenüber, die jedoch alle Städte und Gemeinden, also auch die steuerschwachen, gleichermaßen treffen. Hierzu zählen beispielsweise immense Mehrausgaben für die Integration von Menschen aus der Ukraine aber auch aus anderen Krisengebieten der Welt, für Baumaßnahmen, Energie oder Soziales, insbesondere im Bereich der Kindertagesstätten und nicht zuletzt die auf Grund des aktuellen Tarifabschlusses zu erwartenden Personalkostensteigerungen. Zudem erwarten viele Städte und Gemeinden, dass die aktuell noch zu beobachtende positive Entwicklung nicht weiter anhält. Erste Anpassungen der Vorauszahlungen werden in der Praxis bereits beobachtet.

Es verwundert daher auch nicht, wenn das Statistische Landesamt mit Pressemitteilung vom 08.06.2023 darüber berichtet, dass nach dem Anstieg der Verschuldung der Kommunen in 2021 und 2022 der Trend auch im 1. Quartal 2023 anhält. Der SGSA hat hierauf mit der als Anlage beigefügten Pressemitteilung vom 08.06.2023 reagiert. Ebenfalls Anlage beigefügt ist die Pressemitteilung des Statistischen Landesamtes.

[Anlage]

22.06.2023